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blueball.gif (104 Byte) Anweisung zur Einführung des Unterrichtsfaches "Gesellschaftskunde" in der Berufsausbildung vom 8. März 1990

Verfügung 4/90

Anweisung
zur Einführung des Unterrichtsfaches "Gesellschaftskunde" in der Berufsausbildung

vom 8. März 1990

Auf der Grundlage der Entscheidung des Ministers für Bildung zur Einführung des neuen Unterrichtsfaches "Gesellschaftskunde" wird folgendes angewiesen:

§1

Diese Anweisung gilt für das Unterrichtsfach "Gesellschaftskunde" in der Berufsausbildung für Lehrlinge, die einen beruflichen Abschluß ohne Abitur erwerben. *)

§2

Das Unterrichtsfach "Gesellschaftskunde" wird mit einer eigenständigen Zielstellung sowie Inhalts- und Methoden-Konzeption an Stelle des bisherigen Unterrichtsfaches "Staatsbürgerkunde" im Rahmen der gültigen Stundentafel erteilt.

§3

(1) Durch das Unterrichtsfach "Gesellschaftskunde" wird ein spezifischer und inhaltlich breit gefächerter Beitrag zur Heranbildung von mündigen Bürgern geleistet, die sich durch humanistische Bildung, demokratische Gesinnung und durch die Fähigkeit auszeichnen, in einer rechtsstaatlichen demokratischen Gesellschaft eigenverantwortlich zu handeln.

(2) Die Lehrlinge werden unter Berücksichtigung ihrer gesellschaftlichen Stellung und sozialen Bedingungen auf der Grundlage von ausgewählten politischen, ökonomischen, soziologischen, philosophischen, psychologischen, ethisch-moralischen und anderen Kenntnissen befähigt, sich in allen Lebensbereichen kritisch mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen, den konstruktiven Dialog um die Bewältigung von Widersprüchen zu führen, kulturvoll Konflikte auszutragen und Konsequenzen für das eigene Verhalten und Handeln frei zu bestimmen. Sie üben sich in Toleranz und Achtung gegenüber Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen, konfessionellen Auffassungen und Bindungen und lernen unduldsam zu sein gegenüber rassistischen, nationalistischen und faschistischen Positionen und Konzepten. In diesem Sinne leistet das Unterrichtsfach einen Beitrag zur Friedenserziehung.

§4

(1) Der Unterricht im Fach "Gesellschaftskunde" wird von den Lehrkräften für den theoretischen Unterricht erteilt, die die dafür erforderliche fachliche und pädagogische Kompetenz besitzen bzw. diese durch die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen erwerben, insbesondere von jenen mit einer gesellschaftswissenschaftlichen Ausbildung.

(2) Zur Beratung der Lehrkräfte des Unterrichtsfaches "Gesellschaftskunde" sind in den Territorien durch die zuständigen Leiter der Abteilungen Berufsbildung und Berufsberatung der Räte der Kreise in Abstimmung mit den Kreisschulräten auf der Grundlage von Rechtsvorschriften kompetente Lehrer, insbesondere aus dem Bereich Berufsbildung, einzusetzen.

§5

(1) In den Territorien gewährleisten die Leiter der Abteilungen Berufsbildung und Berufsberatung der Räte der Kreise in Zusammenarbeit mit den Schulräten, daß die Lehrkräfte der Einrichtungen der Berufsbildung, die Unterricht im Fach "Gesellschaftskunde" erteilen, in alle entsprechend §5 der Anweisung vom 21. Februar 1990 zur Einführung des neuen Unterrichtsfaches "Gesellschaftskunde" für die allgemeinbildenden Schulen festgelegten Weiterbildungsmaßnahmen einbezogen werden.

(2) Durch die Bezirkskabinette für Weiterbildung der Kader der Berufsbildung sind zur Vorbereitung der Lehrkräfte auf die neuen Lehrinhalte des Unterrichtsfaches "Gesellschaftskunde" der Spezifik der Berufsbildung entsprechende Weiterbildungsveranstaltungen durchzuführen. Zur Unterstützung der Arbeit der Lehrkräfte in dem neuen Unterrichtsfach sind in den Territorien Erfahrungsaustausche und kollektive Beratungen zu organisieren.

(3) Über die Teilnahme der Lehrkräfte an Qualifizierungsmaßnahmen während der Unterrichtszeit entscheidet der zuständige Leiter der Abteilung Berufsbildung und Berufsberatung der Räte der Kreise in Abstimmung mit dem Direktor der Einrichtung der Berufsbildung.

§6

(1) Im Unterrichtsfach "Gesellschaftskunde" werden im 2. Halbjahr des Lehrjahres 1989/90 keine Zensuren erteilt.

(2) Auf den Jahres- und Facharbeiterabschlußzeugnissen wird auf einer gesonderten Zeile das Unterrichtsfach " Gesellschaftskunde" ausgewiesen. Durch den Eintrag "teilgenommen" ist die Teilnahme am Unterricht zu bestätigen.

§7

An Einrichtungen der Berufsbildung, an denen im 2. Lehrhalbjahr das neue Unterrichtsfach noch nicht realisiert werden kann, sind in Abstimmung mit dem zuständigen Leiter der Abteilung Berufsbildung und Berufsberatung der Räte der Kreise gesonderte Festlegungen zu treffen.

§8

(1) Die Anweisung tritt am 12. März 1990 in Kraft

(2) Alle dieser Anweisung entgegenstehenden Regelungen sind nicht mehr anzuwenden.

Berlin, den 8. März 1990

Weidemann
Stellvertreter des Ministers
Ministerium für Bildung

*) Für Lehrlinge Berufsausbildung mit Abitur gelten die Festlegungen der Anweisung vom 21. Februar 1990 zur Einführung eines neuen Unterrichtsfaches "Gesellschaftskunde" (VuM Teil 1 Allgemeinbildende Schulen. . . Nr. 2). Für die Ausbildung Werktätiger zu Facharbeitern erfolgt eine gesonderte Regelung. Bis dahin ist für die Vermittlung gesellschaftskundlicher Inhalte entsprechend dieser Anweisung zu verfahren.

 

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